Die drei Sprünge des Wang-lun Chinesischer Roman by Alfred Döblin

Die drei Sprünge des Wang-lun  Chinesischer Roman by Alfred Döblin

Autor:Alfred Döblin [Döblin, Alfred]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-10-20T16:00:00+00:00


Ma-noh lächelte friedlich.

„Willst du nicht die Glocke selbst anschlagen und zu den Brüdern und Schwestern reden?“

„Sie sind deine Anhänger.“

„Nicht mehr. Geh doch einmal auf den Markt, ruf sie zusammen, rede, es wird dich belehren. Sie wollen keine Stimme wie ich selbst. Sie sind rund und nett — verloren. Wie ich selbst.“

„Du bist versunken, Ma. Ihr seht alle kraftlos und hinfällig aus. Ich bitte dich, ich flehe dich an, Ma-noh, lieber Bruder, ich lege mich vor dir auf die Stirn: geh mit mir auf den Markt, schlage die Glocke an, rede und zeige auf mich. Ich habe euch alle lieb; was du mir bist, habe ich dir vielleicht mit zu schwachen Worten geschildert. Ich habe die langen Monate dieses entsetzlichen Jahres um dich gelitten und nach dir verlangt, wie kein Verliebter nach seinem Knaben. Du kannst dies nicht über mich verhängen, daß du mich hier wegschickst und alles kommt, wie du weißt: die viehischen Horden schlachten die guten hoffenden Brüder und Schwestern, — sind sie denn vorbereitet, Ma, sind sie vorbereitet? Du selbst wirst mir geraubt, der mein Juwel in der Seele war. Mich schickst du hoffnungslos im Lande herum, und habe nicht genug Hände, um für euch alle zu opfern. Steh nicht so schlaff da, tu mit mir, komm mir doch einmal zu Hilfe.“

„Wie du in mich drängst, Wang. Wie du mich ehrst. Als ich König meiner schönen, schönen, schönen Insel war, habe ich nichts empfangen, was mich so ehrte. Daß ich dich gewonnen habe, tut mir sehr wohl. Aber ich vermag nichts, Wang.“

„Warum vermag mein Bruder nichts?“

„Die tausend erschlagenen Brüder und Schwestern erlauben es nicht. Das wissen wir alle. Wir hätten keine ruhige Stunde vor den betrogenen Geistern. Wenn sie nicht vorbereitet waren, — wir sind es. Wir machen alles wieder gut. Wir locken sie, nehmen sie mit von den Wegen. Und wir können nicht mehr anders enden. Ich will nicht anders enden. Wir sind zu einem Ring zusammengeschmiedet, lieber Bruder Wang.“

Wang warf sich fassungslos schwer auf den Boden.

„Was soll ich von dir bestellen im Westlichen Paradiese, Wang? Daß du uns geliebt hast, daß du uns den Weg gezeigt hast.“

„Du sollst nichts von mir bestellen. Du sollst hier bleiben, ihr sollt alle hier bleiben.“

„Wir fürchten uns vor den Horden nicht.“

„Die Soldaten —!“

Wang krümmte sich hoch, in seinen starren Augen blitzten Pünktchen. Er stand und sah heftig atmend auf den Boden. Dann stieß er heiser hervor: „Ich will gehen — du hast vielleicht recht. — Habe ich mein Schwert? Wo habe ich, lieber Bruder, meinen Gelben Springer hingeworfen?“

Ma hob ihn auf, hing das Schwert Wang um den Hals.

„Dies, Bruder Wang, werde ich nicht bestellen, daß du hinter einem Gelben Springer herrennst.“

Sie umschlangen sich. Ma lächelte immer.

„Und wie lange wird es dauern, bis ich meinen lieben Bruder Wang aus Hun-kang-tsun im Westlichen Paradiese sehe?“



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